Rotaryclub Kleinmachnow Bericht von Christian Primus
Das war schon ein komisches Gefühl, als ich am 19. August am anderen Ende der Welt aus dem Flugzeug stieg. Meine Gastfamilie begruesste mich mit einer Deutschlandfahne und machte schon von Anfang an einen netten Eindruck; meine Gastmutter Deborah, die software engineering in einem Unternehmen arbeitet, Chuck, ein Richter, Sammie, meine zehnjährige Gastschwester und Charlie mein vierzehnjähriger Gastbruder. Ich war in einer typischen, sportbegeisterten amerikanischen Familie gelandet. Sammie spielt Softball die Mädchenversion von Baseball und Charlie spielt Waterpolo fuer die Henry D Sheldon Highschool. Die Highschool umfasst 4 Klassenstufen: 9,10,11,12 bzw. Freshmen, Sophomore, Junior und Senior. Charlie ist ein Freshman, und war deshalb genau wie ich neu an der Schule.
In Eugene befindet sich die University Of Oregon und der Campus der Universität macht fast ganz Downtown-Eugene aus. Das College-Football Team sind die „Oregon Ducks“ und mehr oder weniger jeder in Eugene ist verrückt nach ihnen. Anfangs war es für mich schwer vorstellbar, dass eine Footballmannschaft, die aus Studenten besteht, ungefähr so populär sein kann wie eine Erstligafußballmannschaft. Die Universität vergibt Stipendien, sogenannte Scholarships, an besonders gute Footballspieler, die sie in den Highschools gesichtet haben. Die grossen Stars meiner Gastfamilie verdienen also im Gegensatz zu Stars wie Christiano Ronaldo keinen einzigen Pfennig. Eugene ist sehr liberal und demokratisch und beherbergt daher auch eine Menge Hippies.
Kaum in Eugene angekommen, entschloss ich mich, mich nach einer guten Aktivität umzusehen. Die Aktivitäten laufen in den USA größtenteils über die Schule. Sportliche Aktivitäten sind z.B. in Jahreszeiten eingeteilt, im Herbst Soccer, Waterpolo und Cross Country, im Winter Basketball, Wrestling und Swimming und im Fruehling Lacrosse, Tennis usw. Ich war mir von Anfang an ziemlich sicher, dass ich Lacrosse ausprobieren wuerde, was ich aber als Schulsport erst im Frühling spielen konnte. Daher entschloss ich mich für Soccer, was sich später aber als dumme Idee herausstellte. Die Schulmannschaften sind sehr ehrgeizig und ausgerechnet Sheldon, meine Highschool, war sportlich gesehen eine der besten in Oregon. Ich ging also eine Woche lang zu knallharten Trainingseinheiten bis mir der Coach verkündete, dass leider kein Platz für mich in der Mannschaft sei. Leider war ich als Hockey spielender Freizeitfußballer nicht gut genug für das Varsity-Fußballteam. Andere Austauschschüler in meinem Distrikt, die in 6.000 Seelen Doerfern gelandet waren, konnten sogar Football in ihrer Highschool spielen, wenn sie einigermaßen athletisch waren.
Wenn die Sheldon High School ein Footballspiel hat, ist die ganze Schule da und die Schueler feuert gemeinsam ihr Team an. Das Maskottchen der Sheldon High School ist, warum auch immer „The Irish“, weswegen man immer „Go Irish“ bruellt. Die Schule ist ganz anders organisiert als in Deutschland. Jeder Schüler hat im Prinzip seinen eigenen Stundenplan wie in einem Kurssystem in der Oberstufe. Außerdem hat jeder Lehrer seinen eigenen Klassenraum, den er individuell gestaltet. Das Kurssystem ist so aufgebaut, dass jeder Schüler ähnlich wie auf einer Gesamtschule alle Kurse bis auf Englisch je nach seinem Level auswählt. Es gibt also keine Mathematik für alle Elftklässler, sondern es gibt Algebra 1, Algebra 2 usw. Um ein Highschooldiploma zu bekommen müssen die Schüler sogenannte Credits sammeln. Die Schule ist darüber hinaus viel einfacher als in Deutschland. Tests bestehen z.B. nur aus Multiple Choice. Meine Kurse sind Biology, Photograpyh, Outdoor Recreation und English 11. Ich finde, dass die Schulen in Deutschland in Sachen Auswahl an Kursen und Aktivitaeten noch so einiges von den amerikanischen Schulen lernen koennen.
In meiner freien Zeit spiele ich dreimal die Woche Ultimate Fribee, einen Sport, dessen Ziel es ist, den Frisbee in einer Endzone zu fangen. Da ich groß und schnell bin habe ich dort natürlich einen gewissen Vorteil. Beim Ultimate Frisbee spielt der „Spirit“ eine ganz grosse Rolle, was heisst das man ohne Schiedsrichter spielt und dadurch jeder sportlich und fair spielen muss. Außerdem spiele ich seit letztem Wochenende jeden Sonntag Lacrosse in einer von der Schule unabhängigen League. Die Highschoollacrossespieler melden sich für diese League an, sodass jeden Sonntag quasi Schulen gegeneinander antreten können. Lacrosse spielt man mit einem Stick mit einem Netz, der ähnlich wie ein Kescher aussieht, mit dem man sich den Ball zuwirft. Ziel des Spiels ist es den Ball in ein Tor zu befördern. Außerdem kann man sich wahrend des Spiels gegenseitig mit dem Stick schlagen, weswegen man eine Schutzausrüstung tragen muss. Ich habe in meinem ersten Lacrossespiel gleich ein Tor geschossen und eine Vorlage gegeben, worauf ich natürlich ziemlich stolz war und meine Gastfamilie nicht weniger begeistert war. Außerdem wurde ich ein paar mal ziemlich niedergestreckt, da ich auf die Härte des Spiels nicht vorbereitet war.
In den USA ist man, wenn man kein Auto hat, ziemlich verloren. Mit anderen Worten man ist unheimlich von den Eltern abhängig, wenn man z.B. mit Freunden ins Kino, zum Sport oder wo auch immer hingebracht werden möchte. Das liegt zum einen daran, dass es in den USA kaum öffentliche Verkehrsmittel gibt und außerdem alles vielmehr zerstreut ist. Trotzdem fühle ich mich hier sehr wohl und habe mich auch schon eingefunden und integriert!
Mein Host-Rotary Club heißt Eugene Delta. Die Meetings sind anders als in Deutschland viel groesser, was heisst das jedes Meeting etwa 100 Leute anwesend sind.
Ich habe schon zwei Inbound-Orientations hinter mir, die unglaublich viel Spaß gemacht haben. Das erste Treffen war ein Campingwochenende, an dem wir in den Bergen von Oregon in der wunderschönen Natur gecampt haben und auf einen der Flüssen „river rafting“ gingen. Die anderen Austauschschüler in meinem Distrikt sind größtenteils Latinos.
Ich hoffe Julian geht es gut und er genießt wie ich sein Auslandsjahr in vollen Zügen!
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